Der Leitungsbau verdient ein positives Image“ - Herr Lang, wie stark ist der Leitungsbau vom Fachkräftemangel betroffen?

Lang: Sehr stark – während andere Branchen noch die ersten Auswirkungen spüren, ist der Fachkräftemangel im Leitungsbau längst angekommen. Das betrifft die Leitungsbauunter­nehmen und deren Auftraggeber gleichermaßen.

Warum ist das so?
Lang: Der Leitungsbau hat immer noch nicht das positive Image, das er verdient. Hinzu kommt, dass das Durchschnittsalter im Leitungsbau über dem des sonstigen Baugewerbes liegt und sich aufgrund der niedrigen Teilzeitquote relativ wenige Erwerbstätige in eine Vollzeittätigkeit überführen lassen. Darüber hinaus ist der Drang der Schulabgänger in die Universitäten ungebrochen; gleichzeitig schreitet die technologische Entwicklung – getrieben auch durch die Energiewende – immer weiter fort, was hochqualifiziertes technisches Personal wie Facharbeiter, Meister und Techniker erfordert. Nicht zuletzt ist es kaum gelungen, ein wichtiges Potenzial auszuschöpfen, und zwar das der weiblichen Nachwuchskräfte. Und bei aller gebotenen Zurückhaltung möchte ich auch nicht verhehlen, dass der Baubereich infolge der Tarifpolitik der letzten Jahre in puncto Bezahlung an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat.

Welche Auswirkungen hat dies auf den Leitungsbau in Deutschland?
Lang: Ganz konkret – betrachten wir nur einmal die aktuelle Bausituation in diesem Sommer: Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die ersten Mitgliedsunternehmen Mehraufträge gezwungenermaßen ablehnen mussten, da sie nicht die personellen Kapazitäten haben. Denken wir das einmal weiter, so kann dies eines Tages ebenfalls negative Auswirkungen auf die Versorgungsicherheit haben. Ein Grund ist also der Personalmangel, ein anderer die Unstetigkeit von Investitionen. So ist die Auflösung des Investitionsstaus die eine Sache, die Verstetigung von Investitionen eine andere, ebenso wichtige.

Wie kann vor diesem Hintergrund der Leitungsbau attraktiver für Fachkräfte und den Nachwuchs gemacht werden?
Lang: Der Leitungsbau ist attraktiv – nur wissen es offensichtlich zu wenige. Einmal ganz davon abgesehen, dass der Leitungsbau systemrelevant ist, das heißt für den Erhalt der Ver- und Entsorgungssicherheit in Deutschland von entscheidender Bedeutung. Der Leitungsbau bietet verantwortungsvolle, abwechslungsreiche Tätigkeiten, und die Beschäftigungs­perspektiven sind günstig. Unsere Aufgabe muss es sein, noch massiver für den Leitungsbau zu werben. Mit „uns“ meine ich die Leitungsbauunternehmen, aber selbstverständlich auch den rbv, der seine Mitgliedsunternehmen in ihren Bemühungen unterstützt.

Wie begegnen die rbv­Mitgliedsunternehmen dem Fachkräftemangel?
Lang: Selbstverständlich kann unsere klein- und mittelständisch geprägte Branche nicht Unsummen in das Personalmarketing stecken, aber die Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Sie werben beispielsweise an Schulen, Berufsakademien und Fachhochschulen für sich, führen potenzielle Auszubildende in Form von Praktika an die Unternehmen heran und investieren in attraktive Internetauftritte, um sich mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Zudem arbeiten unsere Mitgliedsunternehmen permanent an flexiblen Formen der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeitmodelle, soweit dies im Bereich des Leitungsbaus möglich ist. Dazu gehört, Mitarbeiter im Rahmen einer lebenszyklusorientierten Personalplanung kontinuierlich weiterzubilden und durch Wissenstransfer dafür zu sorgen, dass das Know-how in den Unternehmen erhalten bleibt. Und gerade in einer Branche wie dem Leitungsbau, in der weiterhin viele Tätigkeiten mit einer körperlichen Belastung einhergehen, investieren die Unternehmen in ein betriebliches Gesundheitsmanagement.

Wie unterstützt der rbv seine Mitglieder dabei?
Lang: Unser rbv/BFA-Ausschuss für Personalentwicklung arbeitet eng mit den Berufs­bildungszentren des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB) zusammen und entwickelt Konzepte und Lösungsmöglichkeiten für unsere Branche. Mit dem „Berufsför­derungswerk des Rohrleitungsbauverbandes“ (brbv) haben wir das Thema Aus- und Weiterbildung organisatorisch im Verband verankert. Nehmen Sie beispielsweise den vom brbv organisierten Fortbildungslehrgang zum geprüften Netzmeister, der sich längst zum Erfolgsmodell entwickelt hat. Oder denken Sie an die gemeinsam mit dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches ausgerichteten Deutschen Meisterschaften der Wasserver­sorgungstechnik bzw. der Gasversorgungstechnik auf der gat + wat, um interessierten Jugendlichen auf anschauliche Art zu zeigen, wie spannend und verantwortungsvoll die Aufgaben im Rohrleitungsbau sind. Darüber hinaus unterstützt der rbv das Online-Portal „Berufswelten Energie & Wasser“, das den Akteuren der Branche bei der Nachwuchs­gewinnung Hilfestellung gibt. Ich möchte zudem unseren neu aufgelegten Flyer und das Angebot individualisierbarer Bauzaunbanner für die Ansprache von potenziellen Auszubildenden nennen. Auch der rbv selbst steuert intern dem„Fachkräftemangel“ entgegen, indem wir den Arbeitskreis „Junge Führungskräfte“ ins Leben gerufen haben und so frühzeitig den Führungsnachwuchs in unsere Verbandsarbeit einbinden.

All das sind Investitionen in die Zukunftssicherung unserer Branche, die sicherlich den Leitungsbauunternehmen selbst zugutekommen – aber letztendlich auch der Versorgungssicherheit in Deutschland.


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