Die Hälfte deutscher Betriebe vernachlässigt Gefährdungsbeurteilung - Der gesetzlichen Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, kommen in Deutschland laut den GDABetriebsbefragungen 2011 und 2015 nur etwa die Hälfte der Betriebe nach.
Dabei ist eine umfassende Präventionskultur entscheidend, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ging in einem Forschungsprojekt unter anderem den Fragen nach, warum entsprechende gesetzliche Vorgaben nur selten umgesetzt werden und wie es um die betriebliche Gesundheits- und Sicherheitskultur in Deutschland bestellt ist.
Insbesondere im Rohrleitungsbau können Unfälle nicht nur bedauerliche Folgen für die vom Unfall betroffenen Mitarbeiter haben, sondern es entstehen meist auch Schäden an der Bauleistung oder am Eigentum der Leitungsbetreiber. Wird infolge des Unfalles festgestellt, dass gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes oder die Unfallverhütungs-
vorschriften verstoßen wurde, kommt neben den wirtschaftlichen Schäden für das Unternehmen möglicherweise auch noch eine Strafe für den Geschäftsführer oder Inhaber des Rohrleitungsbauunternehmens hinzu.
Unfällen vorbeugen
Die Prävention, also die Vorsorge vor möglichen Unfällen, setzt die Feststellung von möglichen Gefährdungen im Rahmen einer sogenannten Gefährdungsbeurteilung voraus. Hierbei handelt es sich um eine Auflistung und Bewertung aller im Unternehmen ausgeführten Tätigkeiten hinsichtlich deren Gefährlichkeit für Mitarbeiter und/oder Dritte. Aus der Gefährdungsbeurteilung leiten sich gegebenenfalls umzusetzende Maßnahmen, zu erstellende Betriebsanweisungen (BA) und Arbeitsanweisungen (AA), zu unterweisende Themen und zu verwendende Schutzausrüstungen ab.
Fünf verschiedene Arten von Präventionskultur
Der nun veröffentlichte Forschungsbericht „Formen von Präventionskultur in deutschen Betrieben“ arbeitet fünf verschiedene Arten von Präventionskultur heraus. Ein genereller Befund der auf Basis von 375 Telefoninterviews durchgeführten Studie ist, dass die oftmals prekäre wirtschaftliche Lage von Klein- und Kleinstbetrieben offenbar einen Typ von Präventionskultur ausbildet, der zu wenig auf Verhältnisprävention setzt. Betriebe dieses zumeist inhabergeführten Typs kennen Prävention demnach nur als Bestandteil der eigenen fachlichen Eignung beziehungsweise als Investition in die eigene Fitness oder die Fähigkeiten ihrer Beschäftigten. Die Autorinnen bezeichnen diesen Typ als „Do-it-Yourselfer“.
Verhaltensprävention oft Vorzug vor Verhältnisprävention
Generell geht die Studie davon aus, dass der Präventionskultur- Typ „Fehlervermeider“ am häufigsten in deutschen Betrieben vorkommt. Für ein knappes Drittel der Betriebe in Deutschland gelten demnach die Beschäftigten als die wichtigste Ressource des Unternehmens, zugleich aber auch als die Hauptursache von Unfällen und anderen Schadensereignissen. Dies hat zur Folge, dass der Verhaltensprävention der Vorzug vor der Verhältnisprävention gegeben wird.
Insgesamt vier der fünf im Bericht herausgearbeiteten Typen von Präventionskultur seien dadurch gekennzeichnet, dass sie blinde Flecken in ihrem Arbeitsschutzverständnis, der Gefährdungsrahmung oder bezüglich des Interaktionsfokus aufweisen. Sie besitzen damit in unterschiedlichen Bereichen Spielraum für eine Steigerung ihres Engagements im Arbeitsschutz. Die Autorinnen betonen jedoch auch, dass Betriebe dieser vier Typen Qualitäten ausgebildet haben, die auf anderen Feldern bereits gute Erfolge gezeigt haben und auf große Erfahrung verweisen. Diese sollten in Aufsicht und Beratung immer zuerst anerkannt und wertgeschätzt werden.
Der Forschungsbericht schließt mit Empfehlungen, wie Unternehmen der fünf herausgearbeiteten Präventionskultur-Typen jeweils am besten bei der Steigerung oder dem Erhalt ihrer Präventionskultur unterstützt werden können. (BAuA/rbv)
Der vollständige Forschungsbericht ist hier abrufbar.