Eine Bildungswende, die berufliche und universitäre Bildung gleichwertig behandelt, sowie attraktive Anreize für Auszubildende sind dringend nötig, um genügend Fachkräfte fürs Handwerk zu gewinnen. Dies ist das Ergebnis des Berufsbildungsberichtes und der gemeinsamen Stellungnahme des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). (Foto: Canva)
Der Berufsbildungsbericht 2024 zeigt sowohl positive als auch alarmierende Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt in Deutschland. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im dualen System stieg um 3 % und die Übernahmequote der Absolventen hat sich erhöht. Hinter diesen Erfolgen steht unter anderem das große Engagement der Wirtschaft, die sich mit Nachdruck zum bewährten System der hiesigen Aus- und Weiterbildung bekennt. Viele Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen unterstützen den Übergang von der Schule in den Beruf, beispielsweise durch das Schaffen von Erfahrungsräumen in Form von Betriebserkundungen und Praktika. Knapp sechs von zehn ausbildungsberechtigten Unternehmen bilden aktuell aus.
Dennoch bleibt die hohe Anzahl von 2,9 Millionen jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss ein großes Problem. Eine hohe Anzahl von Vertragslösungen (29,5 %), eine sinkende Prüfungserfolgsquote und eine gestiegene Zahl an Wiederholungsprüfungen sind besorgniserregend. Weiterhin übertraf das Ausbildungsangebot die Nachfrage der Jugendlichen zum zweiten Mal in Folge. Auch in den Bereichen des Tiefbaufach und Rohleitungsbau sieht man diese Entwicklung. Zwar stieg in absoluten Zahlen die Zahl der erfolgreichen Absolventen in den letzten 10 Jahren kontinuierlich, aber gleichzeitig stieg auch dramatisch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze – im Bereich des Tiefbaufaches sogar um fast 600 Prozent. Ein Zustand, der nicht hinnehmbar ist.
Die aufgezeigten Herausforderungen verlangen von den Akteuren der beruflichen Bildung weiter Aufmerksamkeit und Strategien zum Gegensteuern. Die berufliche Bildung muss noch größere Wertschätzung erfahren, und die Gleichwertigkeit zur hochschulischen Ausbildung muss gefördert werden, wie auch ZDH-Präsident Jörg Dittrich fordert. Die Arbeitgebervertreter im BIBB-Hauptausschuss betonen die Bedeutung der Aus- und Weiterbildung für den zukünftigen Arbeits- und Fachkräftebedarf. Sie fordern eine Entbürokratisierung und Beschleunigung von Neuordnungsverfahren sowie eine bessere Nutzung digitaler Prozesse in der Berufsausbildung.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont die Notwendigkeit, die berufliche Orientierung zu stärken und Maßnahmen zu ergreifen, um mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen. Als Unterstützungsmaßnahmen zählen insbesondere eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Berufsorientierung sowie die Vermittlung von Berufswahlkompetenz in allen Schulformen, um mehr junge Menschen für die Berufsbildung zu gewinnen. Eine weitere Unterstützungsmaßnahme ist die Förderung der Mobilität, beispielsweise durch ein deutschlandweites Azubi-Ticket und mehr Wohnraum für Auszubildende.
Die Sicherung von Fachkräften bleibt eine zentrale Aufgabe, und es gilt, die Potenziale der Zuwanderung besser zu nutzen. Die Diskrepanz zwischen Ausbildungswünschen und tatsächlichem Bedarf muss durch gezielte Berufsorientierung und frühzeitige Beratung verringert werden. Der Bericht unterstreicht die Bedeutung einer guten Ausbildung als Grundlage für gesellschaftlichen Aufstieg und wirtschaftlichen Erfolg. Maßnahmen wie die gesetzliche Verankerung des Feststellungsverfahrens im Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz sollen Personen ohne formale Qualifikation neue Wege eröffnen. Abschließend lässt sich zusammenfassen: Bildung, als langfristige Grundlage für Fortschritt und Wohlstand, benötigt dringend eine umfassende Reform.
(Quelle: BIBB)
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