Wie viel soll über Land durchs Land?

Am 9. Juli hat die Reform des Erneuerbare­Energien­Gesetzes (EEG) grünes Licht von der EU­Kommission bekommen – vorausgegangen war ein monatelanger Streit, der sich vor allem um die Frage nach der Vereinbarkeit der deutschen Ökostrom­-Umlage mit europäischem Wettbewerbsrecht gedreht hatte.

Jetzt ist ein Kompromiss gefunden: Ganz abgerückt von seiner Forderung, deutsche Unternehmen müssten bereits gezahlte Ökostromrabatte nachzahlen, ist EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia zwar nicht, aber mit insgesamt 30 Millionen Euro liegt die aktuelle Forderung deutlich unter der Summe der bislang gewährten Nachlässe in Höhe von 10 Milliarden Euro. Ein weiterer Preisanstieg für Ökostrom ist abgewendet, Unternehmen und Verbraucher können zunächst einmal aufatmen. Aber wie sieht eigentlich der nächste Bauabschnitt auf der Großbaustelle Energiewende aus?

Es bleiben viele Fragezeichen


Bisher setzt die Große Koalition vor allem auf die Förderung von Energie aus Sonne und ins- besondere Wind; im Fokus der öffentlichen Diskussion steht die klima- und umweltfreundliche Erzeugung von Strom. Es ist höchste Zeit, den Blickwinkel zu erweitern und Antworten auf die naheliegenden Fragen zum Transport zu finden. Nach der EEG-Novelle sind weiterhin viele Fragen offen, die auch die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kürzlich vorgelegte Zehn-Punkte-Energie-Agenda nicht zufriedenstellend beantwor-tet. In der steht zum Beispiel, mit der Weiterentwicklung des für die Leitungsbaubranche wichtigen Netzentwicklungsplans (NEP) solle 2015 begonnen werden, eine Novelle des auf dem NEP basierenden Bundes-bedarfsplans steht frühestens für 2016 auf der Agenda – wie sollen Unter-nehmen angesichts solcher vagen Rahmenbedingungen eine zuverlässige Investitions- und Personalplanung betreiben?

Wind ist wesentlich

Die in Nord- und Ostsee erzeugte Windenergie spielt in den Plänen der Bundesregierung eine wesentliche Rolle; auch an Land werden zukünftig wahrscheinlich weitere Windkraftanlagen entstehen. In sämtlichen Szenarien, welche die vier großen Übertragungsnetzbetreiber in ihrem Netzentwicklungsplan vorstellen, hat der Ausbau der Windenergieleistung an Land und auf See den stärksten Einfluss auf den überregionalen Übertra-gungsbedarf in Nord-Süd- Richtung. Die genaue Aufteilung des Ökostroms nach Erzeugungsart sowie die regionale Verteilung stehen noch nicht fest, und ein eigenes EEG- Reform-Szenario gibt es deshalb nicht. Klar ist aber, dass die prognostizierte Windenergieleistung den regionalen Bedarf teilweise erheblich überschreitet und schon allein deshalb die für den weiträumigen Transport benötigten Nord-Süd-Achsen keinesfalls an Bedeutung verlieren werden. Im Gegenteil: Das bestehende Netz muss ausgebaut werden, vor allem in Nordostdeutschland besteht hier weiterhin Bedarf.

Rückenwind fürs Erdkabel

Das „Was“ ist also unbestritten, in der Frage nach dem „Wie“ steckt allerdings weiterhin Zündstoff, zumal sich immer häufiger Widerstandgegen die althergebrachten Freilandleitungen regt. Gerade in Siedlungsnähe liegt es nahe, neue Trassen unterirdisch zu verlegen, und nicht nur Bürger-initiativen sehen in erdverlegten Kabelleitungen die Alternative zur herkömmlichen Überlandleitung. Auch die NRW-Landtagsfraktion der Grünen begrüßt diese Art der Technik. Die wird jetzt in der Praxis umfassend auf ihre Tauglichkeit für den Stromtransport getestet – die Test- strecke im nordrhein-westfälischen Raesfeld, mit deren Bau in diesen Tagen begonnen wurde, ist eine von deutschlandweit vier Pilotstrecken.

Auf einem rund 3,4 km langen Abschnitt geht die 130 km lange 380-kV-Leitung zwischen dem niederrheinischen Wesel und Meppen im Emsland unter die Erde. Pilotcharakter hat das Projekt auch insofern, als dem Bodenschutz besonderes Augenmerk gilt: Ein vom Netzbetreiber mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe und den von der Baumaßnahme betroffenen Landwirten abgestimmtes Bodenschutzkonzept soll dafür sorgen, dass Bodenschäden weitgehend vermieden und die natürlichen Bodenfunktionen nach Abschluss der Maßnahme wiederhergestellt werden.

Vorschub durch Technik

Dem Transport von Strom durch erdverlegte Kabel Vorschub leisten könnte auch eine Technik, die ebenfalls noch in der Entwicklungsphase ist: Die sogenannte VSC-Technologie (Voltage Source Converter), bei deren Entwicklung deutsche Unternehmen führend sind, gestattet es, Elektrizität im Hochspannungsbereich als Gleichstrom zu übertragen – und gerade bei langen Distanzen ab 100 km ist die Übertragung von Gleichstrom mittels erdverlegter Kabel besonders effizient, da verlustfreier als mittels Überlandleitung. Noch erreicht VSC zwar nicht die Leistungsstärke des herkömmlichen Verfahrens, aber das könnte sich in Zukunft ändern.

Der Rohrleitungsbauverband ist davon überzeugt, dass der erdverlegte Leitungsbau beim unstrittig erforderlichen Ausbau des Stromversorgungs-netzes eine wichtige Rolle spielen kann und wird, zumal auch Umwelt-verbände fordern, dass die zügige Umsetzung innovativer Technologien Vorrang haben müsse. Das erste deutsche Erdkabelprojekt ist dabei ein wichtiger Schritt, dem weitere folgen müssen. 


Initiative Zukunft Leitungsbau

2020 zukunft leitungsbau 4x

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