Deutschland möchte den Wasserstoffhochlauf forcieren, um die Versorgung zu sichern und den Klimaschutz voranzutreiben. Inwieweit hierfür die infrastrukturellen Voraussetzungen gegeben sind, zeigt der von den Fernleitungsnetzbetreibern Gas veröffentlichte sogenannte EnWG-H2-Bericht, an dem auch mehrere Energieverbände mitgewirkt haben.
Der jüngst veröffentlichte EnWG-H2-Bericht definiert Kriterien zur Berücksichtigung von Wasserstoff-Projekten in der zukünftigen Wasserstoffnetzplanung sowie Anforderungen zur Ermittlung von Ausbaumaßnahmen. Zu diesen Kriterien gehören insbesondere die Anforderungen zur Bestimmung von Standorten für Power-to-Gas-Anlagen, Aufkommens-
quellen und Abnahmeregionen für Wasserstoff sowie Wasserstoffspeicheranlagen. Der Bericht soll der Bundesnetzagentur als Grundlage für Empfehlungen für die rechtliche Implementierung eines verbindlichen Netzentwicklungsplans Wasserstoff dienen.
Wasserstoff für viele Anwendungsfälle geeignet
Der EnWG-H2-Bericht zeigt, dass die Gas-Versorgung in Deutschland bereits heute in einer ganzen Reihe von Anwendungsfällen auf Wasserstoff umgestellt werden kann. Konzepte zur Versorgung mit Wasserstoff stehen in den Startlöchern und werden durch die Infrastrukturbetreiber schrittweise über die verschiedenen Netzebenen verfeinert. Auch mehrere Energieverbände, darunter der BDEW, haben an dem Bericht mitgewirkt. Zur Darstellung des aktuellen Ausbauzustandes der Wasserstoffnetzinfrastruktur auf dezentraler Ebene hat der BDEW Wasserstoffprojekte deutschlandweit auf einer BDEW-Deutschlandkarte zusammengetragen. Diese wurde in den EnWG-H2-Bericht aufgenommen.
BDEW-Deutschlandkarte zum Ausbauzustand der Wasserstoffnetzinfrastruktur auf dezentraler Ebene. Abbildung: BDEW
Die mitwirkenden Verbände äußern sich zur Veröffentlichung des Berichts in den folgenden Statements: (BDEW, FNB Gas, VKU, DVGW sowie Initiative „H2vorOrt“)
BDEW: Zügig die passende Leitungs- und Speicherinfrastruktur schaffen
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Um unabhängig von fossilen Energieträgern und damit auch Gasimporten aus Russland zu werden, brauchen wir den schnellen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft. Dies kann nur gelingen, wenn zügig die passende Leitungs- und Speicherinfrastruktur geschaffen wird. Zum Teil kann hierzu vorhandene Gasinfrastruktur umgestellt und somit für den Kunden günstig weitergenutzt werden. Darüber hinaus kann die Wasserstoffnetzinfrastruktur das Stromsystem entlasten und zu einer höheren Resilienz des Versorgungssystems insgesamt beitragen. Neben Wasserstoff-Großprojekten gibt es insbesondere auch auf der Gasverteilernetzebene zahlreiche weitere spannende und zukunftsträchtige Projekte. Hierzu gehören auch bereits praxisreife Anwendungsfälle in Industrie, Mobilität und der Wärmeversorgung. Die Dekarbonisierung der Gasversorgung, der Hochlauf von Wasserstoff und die Kommunale Wärmeplanung müssen dazu Hand in Hand gehen und integriert betrachtet werden.“
FNB Gas: Gesetzliche Verankerung der integrierten Netzplanung Gas
Inga Posch, Geschäftsführerin der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas e.V. (FNB Gas): „Mit ihren Wasserstoffnetzmodellierungen im Rahmen des Netzentwicklungsplans Gas sind die Fernleitungsnetzbetreiber in den vergangenen Jahren bereits in Vorleistung gegangen. Damit unsere Umstellungs- und Aufbauvorschläge auch von der Bundesnetzagentur bestätigt und dann umgesetzt werden können, brauchen wir jetzt dringend eine gesetzliche Verankerung der integrierten Netzplanung Gas (Wasserstoff und Methan).“
VKU: Gasverteilernetze können Wasserstoff
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU): „Außer in Industrienetzen spielt Wasserstoff noch keine große Rolle. Das muss sich dringend ändern. Der Bericht zeigt uns den Weg auf, wie das gelingen kann. Um den Transformations-
prozess hinzubekommen, sind wir auf alle Infrastrukturakteure angewiesen. Auch die Gasverteilernetze können Wasserstoff. Sie sind für den zukünftigen Transport und die Verteilung von Wasserstoff bestens geeignet und bieten einen flexiblen, kostengünstigen und schnellen Weg hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung. Daneben tun wir gut daran, die verschiedenen Systeme und Energieträger (Strom, Gas, Wasserstoff) übergreifend zu betrachten und zu planen – mit einer verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung.“
DVGW: Entschlossenes politisches Handeln notwendig
Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW): „Eine klimaneutrale Energiewende gelingt mit einer funktionierenden Wasserstoffinfrastruktur. Die Voraussetzungen hierfür sind hervorragend, denn weite Teile der bestehenden Gasversorgung aus Transport- und Verteilnetzen sowie Endgeräten sind bereits wasserstofftauglich oder können H2ready gemacht werden. Das schmälert die Ausgaben für notwendigen weiteren Zubau. Mit dem Wasserstoff-Regelwerk und dem technischen Knowhow liefert der DVGW den unverzichtbaren Beitrag, um Ausbaupläne schnell und mit gesicherter Qualität Realität werden zu lassen. Aber zeitgleich ist entschlossenes Handeln der Politik gefragt, damit alle Beteiligten in einem verlässlichen Ordnungsrahmen planen und investieren können. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wurde Wasserstoff eine tragende Rolle zugeschrieben. Aus Ankündigungen müssen jetzt verbindliche Zusagen werden.“
„H2vorOrt“: Transformation konkret voranbringen
Florian Feller, Initiative „H2vorOrt“: „Die monatelange und intensive Zusammenarbeit zwischen Fernleitungsnetzbetreibern, Verteilnetzbetreibern und Verbänden hat sich gelohnt. Der H2-Bericht zeichnet ein klares und branchenweit einheitliches Bild der zukünftigen Planung der Transformation der Gasnetze zur klimaneutralen Wasserstoffversorgung. Die Partner von „H2vorOrt“ freuen sich, dass wir mit dem im März gestarteten Prozess des Gasnetzgebietstransformationsplans (GTP) einen wichtigen Baustein zu diesem Planungsprozess beitragen konnten. Nun gilt es, die regulatorischen Weichen zu stellen, um die Transformation konkret voranzubringen.“
Weiterführende Links:
EnWG-H2-Bericht, FNB Gas
Empfehlungen an die Bundesnetzagentur und den Gesetzgeber, FNB Gas